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21.02.2017 10 Minuten Lesezeit

Botschafter mit Siegel „Impulsgeber emotionaler Genuss 2017“ geehrt

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Sie haben es vorgemacht – Die mobile Küche, die Schnippelgruppe sowie die offene Küche sind Vorzeigeprojekte für die Integration von Senioren in die Auswahl und Zubereitung von Lebensmitteln.

Mit ganz einfachen Mitteln, ohne großen Kostenaufwand, dafür kreativ und mit nachhaltiger Wirkung.

Für ihren Beitrag zum Projekt wurden die drei Botschaftereinrichtungen (das Curatio Seniorenzentrum in Sinzheim, Pflegeheim St. Elisabeth in Köthen und die Seniorenwohnanlage Schöne Aussicht Harleshausen in Kassel) kürzlich mit dem Siegel „Impulsgeber emotionaler Genuss 2017“ prämiert. Das haben wir zum Anlass genommen, um eins der drei Vorzeigeprojekte noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Gespräch redet Herr Heinecke (Küchenleiter im Pflegeheim St. Elisabeth) ganz offen über den Ursprung der Schnippelgruppe und verrät, was er mit emotionalen Genuss beim Essen verbindet.

Für Ihr Engagement im Rahmen des Projektes und Ihre Unterstützung als Botschafter wurde das Pflegeheim St. Elisabeth in Köthen mit dem Siegel „Impulsgeber emotionaler Genuss“ ausgezeichnet. Was verbinden Sie persönlich mit emotionalem Genuss beim Essen?

Essen entfaltet auch bei mir eine sehr positive Wirkung. Wenn ich etwas esse, das mir schmeckt, bin ich zufrieden und glücklich. Außerdem denke ich an schöne Sachen. Zum Beispiel erinnere ich mich bei meinem Leibgericht immer an meine Kindheit zurück, als meine Mutter es noch für mich gekocht hat. Dann empfinde ich Geborgenheit.

Die Mitglieder der Schnippelgruppe arbeiten Ihnen beim Kochen und Backen zu. Haben Sie bislang bei der Zusammenarbeit mit den Senioren eine besondere Erfahrung gesammelt oder persönliche Highlights?

Ein bestimmtes Highlight habe ich nicht. Grundsätzlich mag ich es sehr, mit den Heimbewohnern zusammenzusitzen. Man lernt so viel von den Senioren von heute über die Ess- und Kochgewohnheiten von früher. Im Laufe der Zeit habe ich auch zahlreiche neue Gerichte kennengelernt und nachgekocht, die ich zuvor noch nicht kannte. Das inspiriert mich in meiner Arbeit als Küchenchef ungemein. Zudem entsteht immer eine sehr familiäre Atmosphäre und es werden ganz oft sehr vertrauliche Gespräche geführt. Das finde ich schön.

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Mussten Sie im Rahmen des Schnippelgruppen-Projektes anfängliche Hürden überwinden? Wenn ja, welche waren das und wie konnten die Probleme gelöst werden?

Anfängliche Hürden gab es in dem Sinne nicht. Eigentlich war das gemeinsame Kochen mit den Heimbewohnern damals sogar Mode. Als ich in den frühen Neunzigern in der Senioreneinrichtung als Küchenmitarbeiter anfing zu arbeiten, haben wir immer das Essen gemeinsam mit den Senioren zubereitet. In der Mitte der Küche stand eine große Wanne. Darum saßen wir Küchenangestellte mit den Heimbewohnern und haben Kartoffeln geschält. Also kannte ich es gar nicht anders. Allerdings kam dann die Zeit, in der die Küchen modernisiert wurden und Fertiggerichte in den Verpflegungsküchen Einzug hielten. Dadurch haben sich die gemeinsamen Runden um die große Kochwanne aufgelöst. Viele Jahre später haben die Pflegedienstleitung und ich zusammen beschlossen, den Senioren wieder anzubieten, sich bei der Essenszubereitung zu beteiligen. Demzufolge würde ich hier nicht von Hürden, weder immaterieller noch materieller Art, sprechen. Dass wir die Senioren nach so langer Zeit wieder in die Verpflegung einbeziehen, hatte eher mit einem Bewusstseinswandel zu tun.

Von Beginn an hat das Projekt bei den Bewohnern großen Zuspruch gefunden. Mit der Zeit wurde die Schnippelgruppe immer größer. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Bewohner bei der Zubereitung wieder einzubeziehen?

Wie gesagt, die Idee war ja bereits da. Nur wurden die traditionellen Bräuche in der Küche im Wandel der Zeit durch die Modernisierung etc. verdrängt. Der Wendepunkt kam mit meiner Fortbildung zum Heimkoch in Paderborn im Jahr 2005. Bei einer Projektarbeit wurde mir bewusst, dass ich wieder näher mit den Senioren zusammenarbeiten und die überholte Tradition aufleben lassen wollte. Die Pflegedienstleistung erklärte sich sofort damit einverstanden, es zu versuchen. Am Anfang war es etwas beschwerlich. Den anfangs wenigen Teilnehmern gingen die Aktivitäten bei der Essenszubereitung, wie zum Beispiel das Kartoffel schälen, nicht leicht von der Hand. Wir mussten viel Zeit einplanen. Doch mit der Zeit funktionierte es immer besser und immer mehr Heimbewohner haben sich dazu gesellt. Heute ist die Schnippelgruppe ein absoluter Selbstläufer.

Sie haben einmal gesagt, dass man als Koch mit dem Herzen dabei sein und bei der Verpflegung nicht nur auf die Kosten schauen sollte. Gibt es noch weitere Empfehlungen oder Tipps, die Sie anderen Küchenmitarbeitern von Senioreneinrichtungen mit auf dem Weg geben würden?

Auch wenn ich es schon einmal gesagt habe – ich finde, nichts ist so wichtig wie mit dem Herzen dabei zu sein. Wenn man einen Plan hat und mit dem Herzen dabei ist, dann macht die Arbeit auch Spaß!

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Heinecke!