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22.06.2018 10 Minuten Lesezeit

Seniorenverpflegung in der Hochschulforschung

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Auch an der Hochschule Fulda nimmt das Thema Seniorenverpflegung einen besonderen Stellenwert ein

Im Rahmen des Forschungsprojektes GGAMA (Genuss, Gesundheit, Arbeit und Märkte in der Alterskultur, Laufzeit: 2014-2017 ) wie auch im Transferprojekt VeWoLa (Versorgungs-, Wohn- und Verpflegungskonzepte für ein selbstbestimmtes Leben im Alter, Laufzeit: 2018-2022) wird das Thema Versorgung und Verpflegung in hohem Alter unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht.

Catherina Jansen
Catherina Jansen, Projektkoordinatorin

Darüber wollten wir natürlich mehr erfahren – und freuen uns, dass wir mit Catherina Jansen über die Projekte sprechen konnten. Sie ist Projektkoordinatorin und gibt heute einen Einblick in die Arbeit an der Hochschule Fulda.

Kochen für Senioren: Können Sie uns einen Einblick in Ihre Arbeit in den Projekten geben? Wie sind die Themen der Projekte entstanden, wie kann man sich den Verlauf vorstellen?

Catherina Jansen: Wir haben im Rahmen des GGAMA-Projektes zum Beispiel untersucht, inwieweit der Strukturwandel im ländlichen Raum eine auf Selbstbestimmung ausgelegte Versorgung älterer Menschen im eigenen Zuhause beeinflusst. Unter die Lupe genommen wurden dabei auch Angebote wie Essen auf Rädern. In Anbetracht demografischer und marktwirtschaftlicher Entwicklungen ist davon auszugehen, dass eine zuverlässige und bedarfsorientierte Ernährungsversorgung in Zukunft immer schwieriger wird, zumindest für Menschen mit Unterstützungsbedarf. Im Rahmen eines Pilotvorhabens wurde deshalb erprobt, inwieweit regionale Akteure, darunter Einzelhändler und Gastronomiebetriebe, kooperative Versorgungsnetzwerke ermöglichen können. Um dies zu unterstützen, haben wir eine Internetplattform, den digitalen Einkaufs- und Ernährungsassistenten, entwickelt. Ziel dieser Plattform war es, die bestehenden Angebote der Region transparenter darzustellen und online „greifbar“ zu machen. Eine Verstetigung des Gesamtkonzeptes inkl. einer Implementierung des Einkaufs- und Ernährungsassistenten ist im Realbetrieb jedoch von einer Vielzahl komplexer Rahmenbedingung abhängig. Die Arbeit im Projekt VeWoLA, welches Anfang dieses Jahres gestartet ist, knüpft u.a. daran an.

Kochen für Senioren: Sie arbeiten an der Hochschule fachbereichsübergreifend in den Projektteams zusammen. Können Sie einen Einblick geben, welche Fachbereiche mit welchen Schwerpunkten an dem Projekt beteiligt sind und warum die Interdisziplinarität im Bereich Seniorenverpflegung unumgänglich ist?

Catherina Jansen: Verpflegung ist generell ein Querschnittsthema, weshalb an der Hochschule viele Disziplinen an solch einem Forschungsprojekt arbeiten. Der Fachbereich der Oecotrophologie ist per se interdisziplinär zusammengesetzt. Das heißt, dass innerhalb des Fachbereiches unterschiedliche Disziplinen wie u.a. die Sozialwissenschaften, die Sensorik, die GV, die Ernährungsphysiologie und die Mikrobiologie vertreten sind. Im Rahmen der empirischen Sozialforschung zum Beispiel werden die subjektiven Bedarfe von Seniorinnen und Senioren sowie der Stellenwert, den Ernährung in ihrer Lebenswelt einnimmt, untersucht. Darüber hinaus haben wir auch fachbereichsübergreifend Unterstützung erhalten, insbesondere aus den Fachbereichen Wirtschaft und Angewandte Informatik. Die Mitarbeitenden des Kompetenzzentrums für Mensch-Computer-Interaktion haben uns beispielsweise bei der Entwicklung von niedrigschwelligen, digitalen Angeboten für ältere Menschen unterstützt. Ohne diese interdisziplinäre Zusammenarbeit hätten wir das Projekt nicht umsetzen können.

Kochen für Senioren: Ein wichtiges Zeichen wurde in diesem Jahr gesetzt, als die Hochschule Fulda im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ für eine Förderung ausgewählt wurde. Herzlichen Glückwunsch dazu! Was bedeutet diese Anerkennung für Sie und das Projektteam?

Catherina Jansen: Für das Projektteam ist die Förderung eine wichtige Bestätigung ihrer bisherigen Arbeit. Die Hochschule Fulda ist bei der Antragstellung zur Innovativen Hochschule mit einem Gesamtvorhaben angetreten, welches den Forschungsschwerpunkt „Gesundheit und Lebensqualität in der Region zu fördern“ in den Mittelpunkt stellt. Ich denke, dass Bund und Länder mit der Förderung ein wichtiges Zeichen gesetzt haben. Es zeigt, dass akute gesellschaftliche Belange – auch die älterer und unterstützungsbedürftiger Menschen – für die Wissenschaft zentral sind.

Kochen für Senioren: Mit unserem Wettbewerb im Bereich Seniorenverpflegung suchen wir nach Genusskonzepten, auch um das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Spüren Sie hier grundsätzlich ein Umdenken oder wie nehmen Sie die Entwicklung war?

Catherina Jansen: Das Thema ist definitiv stärker in den Fokus gerückt. Dieser Blog ist symptomatisch dafür und zeigt, dass Verantwortlichen langsam aber sicher bewusst wird, dass das Thema Essen im Bereich Gemeinschafts- und Seniorenverpflegung mehr als den reinen Sättigungserfolg umfasst, sondern darüber hinausgehend ein wichtiger Teil von Lebensqualität ist. Die Frage „Welche Wünsche haben ältere Menschen in Hinblick auf ihre Verpflegung?“ wird mittlerweile häufiger gestellt. Inwiefern das Thema auch in die Öffentlichkeit, also zu Menschen, die sich nicht beruflich mit Seniorenverpflegung beschäftigen, vordringt, bleibt abzuwarten. Auch ist das Thema ökonomisch betrachtet weiterhin eine Herausforderung.

Kochen für Senioren: Abschließend würden wir gern noch einen Blick in die Zukunft wagen. Was denken Sie, wie wird sich das Thema Seniorenverpflegung in den nächsten zehn Jahren entwickeln? Werden gesellschaftliche Themen wie Digitalisierung oder Foodtrends hier eine Rolle spielen oder wird uns etwas ganz anderes beschäftigen?

Catherina Jansen: Unsere eigenen Untersuchungen legen nahe, dass sich auch bei Seniorinnen und Senioren ein Wertewandel vollzieht. Nachhaltigkeitsthemen, wie Regionalität und Bioqualität, aber auch eine fleischärmere Ernährung sind bereits heute für viele Seniorinnen und Senioren wichtig. Hierauf werden künftig auch Anbieter stärker reagieren müssen. Vor allem jüngere Senioren genießen öfter auch internationale Gerichte. Hervorzuheben ist, dass Selbstbestimmung für ältere Menschen von großer Bedeutung ist, auch in Bezug auf die eigenen Mahlzeiten. Bei den globalen Herausforderungen, wie etwa der Digitalisierung ist es wichtig, ein Auseinanderdriften der Teilhabe-Chancen zu verhindern. Hinsichtlich Ihrer Frage, ob uns in Zukunft etwas ganz anderes beschäftigen wird als die Digitalisierung und Foodtrends, denke ich, dass die potenziell wachsende Altersarmut und die ungleiche Verteilung ökonomischer Ressourcen Themen von erheblicher Bedeutung sein werden.