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07.08.2020 10 Minuten Lesezeit

Wir lernen ein Leben lang

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Martina Feulner, Diplom-Oecotrophologin bei „H wie Hauswirtschaft. Bildung–Beratung–Supervision” auf Pellworm, schreibt in unserem Expertenbeitrag über das Lernen im Alter und was dabei Berücksichtigung finden sollte.

Das Ernährungs-ABC aus dem CMS-Wohnstift in Greven gab mir den Anlass, einmal genauer hinzuschauen, was sich hinter dem Begriff des lebenslangen Lernens verbirgt.

Diplom-Oecotrophologin Martina Feulner auf der dgh Jahrestagung 2015

Ganz konkret ging es um die Frage, wie sich Lernen im Alter verändert und was in der Zusammenarbeit mit alten und hochaltrigen Menschen zu berücksichtigen ist.

Das Leben ist ein wichtiger Lehrmeister

Lernen ist ein spannender und vielschichtiger Prozess. Dabei geht es nicht allein um den Erwerb von Wissen, sondern auch um die Entwicklung von Haltungen oder die Erweiterung lebenspraktischer Kompetenzen. Ob wir wollen oder nicht: Wir lernen ein Leben lang. Im Verlauf des Lebens stehen wir beispielsweise von Kindheit an immer wieder vor der Herausforderung – während des Heranwachsens ebenso wie während des Älterwerdens – mit den Veränderungen unseres Körpers, mit neuen Lebenssituationen oder auch mit besonderen Ereignissen klarzukommen. Diese Anpassung erfolgt über Lernprozesse – und dieses Lernen verändert sich im Laufe eines Lebens.

Wenn sich das Leben im Alter verändert

BewohnerInnen, die in eine Pflegeeinrichtung einziehen, sind immer auch Lernende: in einer neuen, ganz anderen Lebensumgebung ankommen, sich mit den Abläufen und Ritualen einer Einrichtung vertraut machen und dabei neue Menschen kennenlernen. Gleichzeitig steht an, sich mit Krankheiten und mit den Veränderungen im Rahmen des Älterwerdens auseinanderzusetzen. Dabei geht es um die Wahrnehmung von Veränderungen und gleichzeitig um die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen. Auf diesem Weg werden wir tagtäglich herausgefordert, uns lernend mit dem Leben auseinander zu setzen.

Lernen im Alter

Ein genereller Abbau von kognitiven Fähigkeiten im Alter konnte bis jetzt noch nicht nachgewiesen werden. Aktivitäten des Gehirns bleiben bis ins hohe Alter erhalten. Doch die Aktivitäten gehen neue Wege. Was sich ändert, ist die Geschwindigkeit, Informationen zu verarbeiten oder neue Lösungen für Probleme zu finden: Hier werden die Prozesse langsamer. Andererseits wird mit zunehmendem Alter der Schatz an Lebenserfahrungen reicher. Viele Menschen verfügen im Alter über ein ausgeprägtes Faktenwissen und profunde Kompetenzen für lange und regelmäßig ausgeführte Tätigkeiten.

Das ist zu berücksichtigen:

Die folgenden Informationen sind für alle wichtig, die Lernprozesse mit Älteren und für Ältere anstoßen und gestalten wollen.

  • Die oben genannten Veränderungen sollten z. B. beim Einzug in eine Pflegeeinrichtung Berücksichtigung finden. Ältere Menschen brauchen Zeit, um Informationen zu verarbeiten. Am Tag des Einzugs müssen neue BewohnerInnen viele Informationen verarbeiten und neue Menschen kennenlernen. Da ist es kein Wunder, wenn die Informationen zu den Mahlzeiten oder zur Wäschepflege untergehen. BewohnerInnen hilft es, wenn sie Informationen in kleineren Portionen bekommen, außerdem wenn sie Zeit und Muße haben, diese auch aufzunehmen.
  • Beim näheren Hinsehen wird dann sehr schnell deutlich, dass alle Angebote der sozialen Betreuung mit Lernprozessen verbunden sind. Bei dieser Aussage geht der Blick erst einmal nicht auf Themen oder Übungen, zu denen Angebote geplant werden. Bei den folgenden Überlegungen stehen die Angebote an sich im Mittelpunkt: Wer nimmt daran teil? Was ist bei der Vorbereitung generell zu berücksichtigen?

Aus der Geragogik, das ist die Lehre vom Lernen im Alter, lassen sich einige sehr wichtige Punkte ableiten, die als Checkliste genutzt werden können, um interessante Angebote unter die Lupe zu nehmen. Vermutlich werden Sie dabei feststellen, dass Sie einige Punkte schon gut berücksichtigen. Solche Zusammenstellungen sind aber auch ein gutes Hilfsmittel, um Erklärungen für Situationen zu finden, in denen vielleicht nicht alles rund gelaufen ist.

  • Menschen altern unterschiedlich. Der vielschichtige Prozess des Älterwerdens nimmt bei jedem Menschen seinen eigenen Lauf. In einer Gruppe muss also immer von großen Unterschieden zwischen den Personen ausgegangen werden.
  • Wichtig ist, beim Erfahrungswissen der TeilnehmerInnen anzuknüpfen. Man sollte sich Zeit nehmen, um die Kenntnisse der TeilnehmerInnen zum jeweiligen Thema in Erfahrung zu bringen.
  • Bei der Themenauswahl regiert das Prinzip „weniger ist mehr“. Keine Nebenschauplätze eröffnen, Gedankensprünge vermeiden!
  • Ganz wichtig: Man muss den TeilnehmerInnen Zeit lassen! Keinen Druck aufbauen – Gedankengänge brauchen im Alter ihre Zeit!
  • Sehr hilfreich ist es, Wiederholungen einzubauen und möglichst unterschiedliche Sinneskanäle anzusprechen. Dinge sehen, hören, fühlen und anfassen zu können unterstützt die Wahrnehmung und die Denkprozesse. Dieses Wissen ist uns aus dem Umgang mit demenziellen Veränderungen vertraut. Es ist aber auch genauso hilfreich für alle älterwerdenden Menschen.

Mit der Planung von Lernprozessen ist das so eine Sache: Wir können uns noch so gut vorbereiten – letztendlich entscheiden unsere Gegenüber, wie sie mit dem umgehen, was wir anbieten! Damit entstehen oft ganz neue Konstellationen. Und gerade in der Altenpflege sind wir selbst am Ende diejenigen, die wieder einmal eine Menge vom Erfahrungswissen der Älteren lernen.

Handreichung - Wie Bildung im Alter gelingt

Sie möchten weitere Infos zum Thema „Lebenslanges Lernen“? In der folgenden Publikation können Sie weiterlesen. Zum kostenlosen Download geht es hier: 

https://www.bagso.de/publikationen/themenheft/wie-bildung-im-alter-gelingt/