Ein Kalender fürs Herz
Im Juli gibt es Marmorkuchen…
Bürgerarbeiterin Sandra Freisleben war gerade dabei, einen Marmorkuchen für die Senioren der Seniorenstiftung Ichon-Park zu backen, als sich Bewohnerin Christine Graw zum Helfen dazu gesellte.
Sandra Freisleben staunte nicht schlecht, als sie ganz nebenbei erfuhr, dass ihre Gehilfin just in diesem Moment zum ersten Mal einen Kuchen backte. „Ich habe meiner Haushaltshilfe früher ganz genau über die Schulter geschaut“, so Seniorin Christina Graw. Und ja, das hatte sie, wie sich schnell herausstellte! Dieser Moment wurde mit einem Foto festgehalten – und ist das Juli-Motiv des Kalenders „Steckrübe war Türöffner – Erfahrungsschätze und Lebensrezepte“ der Bremer Heimstiftung. Die übrigen 11 Monatsseiten zeigen ähnliche biografisch-kulinarische Fundstücke.
Wie es zu diesem Kalender kam? Von 2011 bis 2014 wurde das Modellprojekt „Bürgerarbeit“ eingeführt, initiiert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und gefördert vom Europäischen Sozialfonds sowie dem Jobcenter Bremen. Arbeitslose Teilnehmer, so genannte Bürgerarbeiter, und pflegebedürftige Menschen sollten in Hausgemeinschaften der Bremer Heimstiftung zusammenkommen. So kam es, dass 11 Bürgerarbeiterinnen als Alltagsbegleiter mit den Senioren ihre Lieblingsrezepte kochten – angedacht als Grundlage für ein Kochbuch. Doch schnell wurde klar: Hinter jedem Rezept bzw. Gericht stecken eine eigene Geschichte, lustige Begebenheiten, Koch- und auch Lebensweisheiten. „Das Kochbuch haben wir schnell verworfen. Ein Foto spiegelt viel eindrücklicher wieder, was in Gesprächen und beim Kochen wirklich zu Tage kommt und entsteht: persönliche Geschichten, Erinnerungen und viel Emotion“, erklärt Monika Böttjer, Geschäftsführerin der Bremer Dienstleistungs-Service GmbH.
Der Non-Profit-Kalender wurde 2014 mit einer kleinen Auflage ohne Angabe von Datum und Jahreszahlen produziert – und ist noch immer erhältlich. Bei Interesse wenden Sie sich gern per an die Bremer Heimstiftung per Mail an Monika.Boettjer@bremer-dienstleistungen.de.
Essen verbindet
„Sprechen wir von Emotionen fällt mir eine andere schöne Geschichte ein“, erzählt Monika Böttjer weiter aus ihrem Berufsleben „Eine an Demenz erkrankte Bewohnerin hat sich immer besonders schwer getan mit dem Essen – bis unsere Köchin polnische Teigtaschen servierte. Da holte sie sich plötzlich gleich vier- bis fünfmal Nachschlag. Schließlich stellte sich heraus, dass die ostpreußische Bewohnerin und unsere polnische Köchin vom selben Landstrich stammen. Wahrscheinlich haben der Geschmack und Geruch der Teigtaschen Erinnerungen an ihre Kindheit ausgelöst“, schließt sie ab. Wieder einmal zeigt diese Geschichte, wie wichtig Essen für demenzkranke Senioren ist. Das Essen erweist sich häufig als ein Schlüsselerlebnis.