Wie junge Menschen für den Pflegeberuf begeistern?
Die schlechte Nachricht zuerst: Berufe in der Pflege sind wenig attraktiv, so dass in Deutschland aktuell 35.000 Stellen nicht besetzt sind.
Dafür gibt es zwei Gründe. Fachkräfte in der Pflege verdienen bundesweit durchschnittlich 2.621 Euro pro Monat: zwischen 1.985 Euro in Sachsen-Anhalt und 2.937 Euro in Baden-Württemberg.
Ihre im Vergleich zu anderen Berufsgruppen niedrigen Gehälter steigen zudem über die Jahre kaum. Gleichzeitig sind die körperlichen und seelischen Belastungen in diesen Berufen größer als in anderen.
Immer mehr Menschen arbeiten in der Altenpflege
Aber die Altenpflege gehört in den vergangenen Jahren auch zu den besonders schnell wachsenden Dienstleistungsbranchen. Die Zahl der Beschäftigten ist zwischen 1999 und 2015 um 74 Prozent auf 1,1 Millionen Beschäftigte in Pflegediensten und -heimen gewachsen. Auch gibt es immer mehr Auszubildende in der Altenpflege: 2016 fingen 43 Prozent mehr Menschen eine Ausbildung im Pflegebereich an als noch vor zehn Jahren.
Neues Gesetz soll Pflegepersonal entlasten
Die Politik hat den Handlungsbedarf in der Branche erkannt und beriet im September ein neues Gesetz. Es soll den Alltag der Pflegekräfte durch bessere Personalausstattung und Arbeitsbedingungen erleichtern. Beispielsweise sollen ab Januar 2019 in stationären Pflegeeinrichtungen 13.000 Pflegekräfte neu eingestellt werden. Doch Pflegeverantwortliche müssen nicht warten, bis dieses „Sofortprogramm Pflege“ zur Fachkräftesicherung wirkt. Wie Einrichtungen für Senioren schon heute Mitarbeiter für sich gewinnen und halten können, erklärt Einrichtungsleiter John Cyrannek.
Darum entscheiden sich junge Menschen für Pflegeberufe
„Ich fühlte mich meiner Oma immer sehr nah und wusste schon als Teenager, dass ich später mit alten Menschen arbeiten möchte“, sagt Alina Hauke, die nach einer dreijährigen Ausbildung als examinierte Pflegefachkraft im CMS Pflegewohnstift Greven arbeitet. Alina Hauke sei kein Einzelfall, sagt John Cyrannek. „Oft entscheiden sich junge Menschen für einen Beruf in der Seniorenpflege, weil sie einen persönlichen Bezug zu älteren Menschen haben und helfen möchten“, erklärt John Cyrannek. Er leitet die Einrichtung für Senioren in Greven und kennt Alina Hauke seit 2013. „Damals machte Alina hier ein Praktikum. Es gefiel ihr so gut, dass sie im Anschluss bei uns eine Ausbildung begann“, sagt er.
Erfahrungen während eines Praktikums entscheidend
Das Praktikum sei der erste und wichtigste Eindruck, betont Einrichtungsleiter Cyrannek. Deshalb legen sein Team und er viel Wert darauf, jedes Praktikum sorgfältig vorzubereiten: „Wir machen uns im Vorfeld darüber Gedanken, welche Stationen für den Praktikanten spannend sein könnten und stellen ihm während der gesamten Zeit in unserem Haus einen festen Betreuer zur Seite“, sagt er. Dieser erklärt ihm die einzelnen Aufgaben im Alltag und gibt auch einen Überblick über die Schwerpunkte in der späteren Ausbildung.
Arbeit mit Senioren verbindet
„Wer sich nach so einem Praktikum für die Pflege entscheidet, tut es meist aus Überzeugung und mit viel Herz“, sagt der Leiter. Das mache die Arbeit in einer Einrichtung für Senioren sehr persönlich, findet auch seine Mitarbeiterin Alina Hauke: „Im Team besprechen wir Dinge, die uns emotional bewegen“, erzählt die Pflegerin. „Wenn beispielsweise ein Bewohner stirbt, fühlt es sich an, als würden wir ein Familienmitglied verlieren. Solche Gefühle teilt man in einem normalen Bürojob wohl eher nicht“, sagt sie.
Ausbildung zur Pflegekraft bereitet auf schwierige Situationen vor
Natürlich seien Phasen wie diese sehr anspruchsvoll, so Alina Hauke. Aber die Ausbildung zur Altenpflegerin bereitete sie neben dem medizinischen und pflegerischen Wissen auch darauf vor, Themen wie Tod konstruktiv und einfühlsam zu begegnen. Und dann gebe es noch diese „ganz anderen, kleinen Momente im Alltag einer Senioreneinrichtung: Du rückst ein Bild gerade oder machst ein Kompliment, dann begegnet dir in einem einzigen kleinen Lächeln so viel Dankbarkeit“, sagt sie. „Dieses Lächeln treibt mich an und dann weiß ich, warum dieser Beruf für mich der einzig Richtige ist.“
Karriere in der Pflege
Weil sie bis heute von ihrer „gründlichen Ausbildung“ profitiert, möchte Pflegerin Hauke in ihrer Einrichtung Auszubildende selbst betreuen. Dafür absolviert sie derzeit eine Weiterbildung zur Praxisanleiterin. Das sei das Tolle an der Altenpflege, betont auch Einrichtungsleiter John Cyrannek: „Mit der Ausbildung muss noch lange nicht Schluss sein. Unsere Mitarbeiter können sich weiterqualifizieren und entsprechend ihren Interessen beispielsweise Schwerpunkte in der Wundpflege legen oder eine Weiterbildung zur Praxisanleitung absolvieren“, sagt er. Das sei vielen, die mit dem Gedanken spielen, in die Pflege zu gehen, nicht bekannt. Deshalb setzt sich Cyrannek mit seinen Mitarbeitern dafür ein, öffentlich über Berufe in der Pflege zu informieren und gerade junge Menschen für diese zu begeistern.
Auszubildende in der Pflege gewinnen
„Dafür haben wir über Jahre Maßnahmen ausgearbeitet, die hier am meisten Wirkung zeigen“, sagt er. Zu diesen gehöre eine „ordentliche Webpräsenz“, so John Cyrannek. „Außerdem kann man nicht erwarten, dass die Leute von alleine auf uns zugehen. Deshalb präsentieren wir uns bei Lehrstellenbörsen und zeigen uns an Schulen“, sagt er.