Zu Tisch mit Frank Dornsiepen
Leitungswechsel in der Küche: Seit kurzem kümmert sich Frank Dornsiepen hauptverantwortlich um das kulinarische Wohl der Bewohner des Alten-Pflegeheims Christkönig in Bad Wildungen.
Damit tritt der erfahrene Heimkoch in die Fußstapfen des Gourmet Küchenmeisters für Vollwert-Ernährung Herbert Thill, der zuvor die kulinarischen Fäden in der Hand hielt.
Im Interview spricht Frank Dornsiepen offen über den neuen beruflichen Alltag, die frühere Zusammenarbeit mit Herbert Thill, Pläne für zukünftige Projekte sowie allgemeine Chancen und Herausforderungen der Seniorenverpflegung.
Jüngst sind Sie die Nachfolge von Herbert Thill angetreten und aktuell als Küchenleiter im Alten-Pflegheim Christkönig tätig. Seit wann genau sind Sie Küchenleiter? Und hat sich Ihr beruflicher Alltag dadurch sehr verändert?
Seit dem 01.01.2017 bin ich Küchenleiter im Alten-Pflegeheim Christkönig. Mit dieser neuen Herausforderung hat sich mein Aufgabenschwerpunkt verlagert und mein Verantwortungs-bereich ist jetzt größer. Ich kümmere mich viel um organisatorische Angelegenheiten, sitze oft im Büro und bin für unser tolles Küchenteam, die kompletten Abläufe und Prozesse bis hin zur fertigen Mahlzeit für unsere Bewohner zuständig.
Als Nachfolger von Herr Thill treten Sie in große Fußstapfen. Zuvor haben Sie auch schon viele Jahre an seiner Seite gearbeitet. Was nehmen Sie aus dieser Zusammenarbeit mit? Und möchten Sie etwas Neues in die Tätigkeit als Küchenleiter im Hause Christkönig einfließen lassen?
Die Zeit mit Herbert Thill hat mich sehr geprägt und war vor allem in Bezug auf das Smoothfood-Thema äußerst informativ. Herbert Thill kenne ich bereits seit meiner Ausbildungszeit. Meine Ausbildung habe ich in einem Badehotel in Bad Wildungen absolviert. Als ich dort anfing im August 1990, hat er in dem Hotel als Sous-Chef gearbeitet. Ich konnte wirklich viel von ihm lernen und aus dieser Zeit mitnehmen. Das habe ich in den Jahren nach meiner Lehrzeit, als ich in verschiedenen Häusern unterschiedlichen Ländern tätig war, immer wieder gemerkt.
Sicher möchte ich meine Handschrift einbringen und die Qualität am Puls der Zeit halten. Damit meine ich, dass sich die Gewohnheiten der Bewohner je nach Generation und Altersstruktur verändern, und darauf werden wir entsprechend eingehen. Die Senioren von heute gehören der Nachkriegsgeneration an. Für sie sind feste Rituale, auch beim Essen, sehr wichtig. Oftmals gab es jeden Sonntag ein festgesetztes Gericht, wie der klassische Braten. Der musste mittags pünktlich auf dem Tisch stehen. Diese Traditionen bestimmen unsere Speiseplangestaltung im Heim maßgeblich mit. Die Gepflogenheiten der nächsten Generation werden wieder anders aussehen. Auch das werden wir dann bei der Gestaltung und Umsetzung des Speiseplans berücksichtigen.
Fingerfood, passierte Kost in Form von appetitlichen Pasteten, Smoothfood mit Cremes, Schäume und Gelees oder vegane Rezepturen wie der Nuss-Stollen – die Senioren im Hause Christkönig genießen eine kulinarisch stets abwechslungsreiche und anspruchsvolle Küche. Viele innovative Ernährungskonzepte wurden im Laufe der Zeit etabliert. Brodeln in Ihrem Kochtopf schon die nächsten kulinarischen Ideen? Und wenn ja, auf welche Neuerungen dürfen die Heimbewohner gespannt sein?
Zunächst einmal vielen Dank! Als Koch aus Leidenschaft habe ich eine ganze Menge Ideen. Unser Repertoire wird sich stetig erweitern, ich möchte neue schonende Garverfahren einsetzen und unser Smoothfood-Konzept weiterentwickeln. Gerade bei der passierten Kost sind beispielsweise die Anrichtung und die Form der Speisen auf dem Teller sehr wichtig. Ich stelle mir die Frage, wie ich die Komponenten noch appetitlicher, ansehnlicher und geschmackvoll auf den Teller bringen kann. Das Auge isst ja bekanntlich mit. Die Optik soll den Appetit und die Lust aufs Essen bei den Senioren verstärken. Darüber hinaus wird im Herbst ein Kochevent stattfinden. Geplant ist, dass ich an einem Tag zusammen mit anderen Köchen, die ich während meiner Ausbildung zum Heimkoch kennengelernt habe, für unsere Heimbewohner und deren Angehörige ein Drei-Gänge-Menü koche. Das Essen servieren wir sowohl als normale Kost als auch in pürierter Form. Zwischen den Gängen werden wir, Köche, dann etwas zum ernährungsphysiologischen Aspekt des Essens sagen. Ein weiteres Projekt, das in diesem Jahr noch ansteht, ist der „Demenzgarten“. Dabei handelt es sich um ein Garten mit Kräutern und Blumen. Den möchte ich nicht nur für die Senioren, sondern auch gemeinsam mit ihnen anlegen und pflegen. Zum einen ist der Einsatz von ausgewählten Kräutern ein sehr großes Thema in der Küche. Zum anderen sind diese Geschmacks- und Geruchserlebnisse für demenzkranke Senioren sehr wichtig. Beispielsweise helfen sie, Erinnerungen hervorzurufen. Innovative Ideen gemeinsam mit den Bewohnern umsetzen – das ist der Weg!
Sehr sympathisch – nach den Mahlzeiten gehen Sie von Tisch zu Tisch und erkundigen sich bei den Heimbewohnern, ob es Ihnen geschmeckt hat und welche kulinarischen Wünsche die Senioren hegen. Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Können Sie allen Wünschen nachkommen? Wo stößt das Küchenteam bei der Gestaltung und Umsetzung des Speiseplans an seine Grenzen?
Als Koch sollte man mit Herzblut bei der Sache sein und die Wünsche der Senioren sind sehr wichtig für uns. Denn wir wissen um die Motive. Bei den gewünschten Gerichten handelt es sich ganz oft um Lieblingsgerichte oder regelmäßige Mahlzeiten aus der Vergangenheit. So können wir dazu beitragen, im Alter etwas Schönes aufleben zu lassen. Jüngst hat ein Heimbewohner gesagt, er würde so gern mal wieder einen Sauerbraten mit böhmischen Knödeln essen, weil er das so oft in seiner Kindheit gegessen hat. Eben solche Essenswünsche erfüllen wir wirklich gern. Und in 14 Tagen steht der Sauerbraten auf der Speisekarte. Aber man darf sich auch nicht beirren lassen. Die Geschmäcker sind sehr individuell.
Die Grenzen sind bei der Anzahl der Gerichte gesetzt. Und da Qualität vor Quantität geht, planen wir immer sehr sorgfältig.
Worin sehen Sie grundsätzliche, zukünftige Herausforderungen in der Seniorenverpflegung? Und warum?
Die Essensgewohnheiten der Senioren ändern sich mit den Generationen. Darauf muss man sich einstellen. Zudem sehe ich eine weitere Herausforderung bei der gezielten Auswahl der Produkte. Das Essen muss an die individuellen Bedürfnisse der Senioren angepasst sein. Gesunde und ausgewählte Produkte müssen stärker in den Vordergrund treten. Grundsätzlich sollte dem Beitrag der Ernährung zur Gesunderhaltung noch mehr Bedeutung beigemessen werden. Das setzt natürlich ein Umdenken in der Gesellschaft voraus, weg von „immer günstig und praktisch“ bis hin zu einem ganzheitlichen Erlebnis, von dem Körper und Seele zehren. Essen verbindet die Menschen am Tisch. Essen reflektiert, wer wir sind und was wir bislang erlebt haben. Nehmen sie mich als Beispiel. Wenn ich heute Linsensuppe esse, dann muss ich automatisch an meine Kindheit denken, weil ich früher keine Linsensuppe mochte. Und Essen ist auch eine Form der Wertschätzung. Wenn ich Jemandem gutes Essen anbiete, dann freut er sich.
Vielen Dank für das tolle Gespräch, Herr Dornsiepen!